[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Oden. Hamburg, 1771.Hält dich, o Freundin, etwa die zärtlichste Von allen Frauen mütterlich ungestüm; Wohl dir! Auf ihrem Schoosse lernst du Tugend und Liebe zugleich empfinden! Doch hat dir Blumenkränze des Frühlings Hand Gestreut, und ruhst du, wo er in Schatten weht; So fühl auch dort sie! Dieses Auge, Ach dein von Zärtlichkeit volles Auge, Und der in Zähren schwimmende süsse Blick, Die ganze Seele bildet in ihm sich mir! Ihr heller Ernst, ihr Flug zu denken, Leichter als Tanz in dem West und schöner! Die Mine, voll des Guten, des Edlen voll, Dieß vor Empfindung bebende sanfte Herz! Dieß alles, o die einst mich liebet! Dieses ... geliebte Phantom ist mein! du, Du selber fehlst mir! Einsam und wehmuthsvoll Und still und weinend irr' ich, und suche dich, Dich Beste, die mich künftig liebet, Ach die mich liebt! und noch fern von mir ist! Fünftes Lied. Sahst du die Thräne, welche mein Herz vergoß, Mein Ebert? Traurend lehn' ich auf dich mich hin. Sing mir begeistert, als vom Dreyfuß, Brittischen Ernst, daß ich froh wie du sey! Doch E 2
Haͤlt dich, o Freundin, etwa die zaͤrtlichſte Von allen Frauen muͤtterlich ungeſtuͤm; Wohl dir! Auf ihrem Schooſſe lernſt du Tugend und Liebe zugleich empfinden! Doch hat dir Blumenkraͤnze des Fruͤhlings Hand Geſtreut, und ruhſt du, wo er in Schatten weht; So fuͤhl auch dort ſie! Dieſes Auge, Ach dein von Zaͤrtlichkeit volles Auge, Und der in Zaͤhren ſchwimmende ſuͤſſe Blick, Die ganze Seele bildet in ihm ſich mir! Ihr heller Ernſt, ihr Flug zu denken, Leichter als Tanz in dem Weſt und ſchoͤner! Die Mine, voll des Guten, des Edlen voll, Dieß vor Empfindung bebende ſanfte Herz! Dieß alles, o die einſt mich liebet! Dieſes … geliebte Phantom iſt mein! du, Du ſelber fehlſt mir! Einſam und wehmuthsvoll Und ſtill und weinend irr’ ich, und ſuche dich, Dich Beſte, die mich kuͤnftig liebet, Ach die mich liebt! und noch fern von mir iſt! Fuͤnftes Lied. Sahſt du die Thraͤne, welche mein Herz vergoß, Mein Ebert? Traurend lehn’ ich auf dich mich hin. Sing mir begeiſtert, als vom Dreyfuß, Brittiſchen Ernſt, daß ich froh wie du ſey! Doch E 2
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Haͤlt dich, o Freundin, etwa die zaͤrtlichſte
Von allen Frauen muͤtterlich ungeſtuͤm;
Wohl dir! Auf ihrem Schooſſe lernſt du
Tugend und Liebe zugleich empfinden!
Doch hat dir Blumenkraͤnze des Fruͤhlings Hand
Geſtreut, und ruhſt du, wo er in Schatten weht;
So fuͤhl auch dort ſie! Dieſes Auge,
Ach dein von Zaͤrtlichkeit volles Auge,
Und der in Zaͤhren ſchwimmende ſuͤſſe Blick,
Die ganze Seele bildet in ihm ſich mir!
Ihr heller Ernſt, ihr Flug zu denken,
Leichter als Tanz in dem Weſt und ſchoͤner!
Die Mine, voll des Guten, des Edlen voll,
Dieß vor Empfindung bebende ſanfte Herz!
Dieß alles, o die einſt mich liebet!
Dieſes … geliebte Phantom iſt mein! du,
Du ſelber fehlſt mir! Einſam und wehmuthsvoll
Und ſtill und weinend irr’ ich, und ſuche dich,
Dich Beſte, die mich kuͤnftig liebet,
Ach die mich liebt! und noch fern von mir iſt!
Fuͤnftes Lied.
Sahſt du die Thraͤne, welche mein Herz vergoß,
Mein Ebert? Traurend lehn’ ich auf dich mich hin.
Sing mir begeiſtert, als vom Dreyfuß,
Brittiſchen Ernſt, daß ich froh wie du ſey!
Doch
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