Allgemeine Zeitung, Nr. 33, 2. Februar 1850.[Spaltenumbruch]
daß Württemberg von Seite der Bundescommission veranlaßt werde auch Die österreichisch-deutsche Zolleinigung. Wien, 28 Jan.Wenn ich Ihnen über die deutsche Zollfrage In diesem Vorgehen des Ministeriums zur Lösung der Zollfrage läßt *) Seitdem die französische Nordeisenbahn mit den belgisch-nordischen Schienen- wegen in einen unmittelbaren Anschluß trat, mindert sich die Transoport- bewegung von Gütern und der Berkehr von Reisenden auf der Route von Paris durch das östliche Frankreich, Baden, Württemberg und Bayern nach Oesterreich von Jahr zu Jahr. Wir wollen nur ein Beispiel anführen, das zur Genüge beweist wie sehr die füddeutschen Staaten durch die nord- deutschen Eisenbahnen verloren. Während vor der Eröffnung der oben- bezeichneten Eisenstraßen durchschnittlich jedes Jahr 5 bis 600 Grtra- posten durch Straßburg kamen, welche sich von Paris durch Baden, Württemberg und Bayern oder von Wien durch jene Länder über Straßburg nach Paris begaben, beträgt die Zahl derselben jetzt kaum noch den zwanzigsten Theil. Diese Equipagen- und Personentransporte find ein Hauptelement der Einnahmen auf den nordischen Bahnen geworden. Und die Millionen Werthes betragenden Aussuhren von französtschen Luruswaaren, welche ehemals der füddeutschen Spedition zu gute kamen, wandern ebenfalls auf der entgegengesetzten Straße nach Oesterreich! **) Die Mallepost wird mit dem Eintritt der besseren Jahreszeit ihren Weg
zurücklegen: von Paris nach Straßburg in . 24 bis 26 Stunden. Rechnen wir nun dazu: von Straßburg nach Karlsruhe in _ _ " "Karlsruhe nach Stuttgart in _ _ 71/4" "Stuttgart, Ulm (mit Benützung der Eisenbahn bis Geißlingen) in _ _ 53/4" "Ulm nach Augsburg-München in _ _ 7 bis 9" 513/4" Die Post welche Abends 71/2 Uhr von Paris abgeht, würde also am dritten Abend um 9 bis 10 Uhr in München eintreffen, während sie jetzt am vierten Abend um diese Zeit in der bayerischen Hauptstadt ankömmt. [Spaltenumbruch]
daß Württemberg von Seite der Bundescommiſſion veranlaßt werde auch Die öſterreichiſch-deutſche Zolleinigung. ∏ Wien, 28 Jan.Wenn ich Ihnen über die deutſche Zollfrage In dieſem Vorgehen des Miniſteriums zur Löſung der Zollfrage läßt *) Seitdem die franzöſiſche Nordeiſenbahn mit den belgiſch-nordiſchen Schienen- wegen in einen unmittelbaren Anſchluß trat, mindert ſich die Transoport- bewegung von Gütern und der Berkehr von Reiſenden auf der Route von Paris durch das öſtliche Frankreich, Baden, Württemberg und Bayern nach Oeſterreich von Jahr zu Jahr. Wir wollen nur ein Beiſpiel anführen, das zur Genüge beweist wie ſehr die füddeutſchen Staaten durch die nord- deutſchen Eiſenbahnen verloren. Während vor der Eröffnung der oben- bezeichneten Eiſenſtraßen durchſchnittlich jedes Jahr 5 bis 600 Grtra- poſten durch Straßburg kamen, welche ſich von Paris durch Baden, Württemberg und Bayern oder von Wien durch jene Länder über Straßburg nach Paris begaben, beträgt die Zahl derſelben jetzt kaum noch den zwanzigſten Theil. Dieſe Equipagen- und Perſonentransporte find ein Hauptelement der Einnahmen auf den nordiſchen Bahnen geworden. Und die Millionen Werthes betragenden Ausſuhren von franzöſtſchen Luruswaaren, welche ehemals der füddeutſchen Spedition zu gute kamen, wandern ebenfalls auf der entgegengeſetzten Straße nach Oeſterreich! **) Die Mallepoſt wird mit dem Eintritt der beſſeren Jahreszeit ihren Weg
zurücklegen: von Paris nach Straßburg in . 24 bis 26 Stunden. Rechnen wir nun dazu: von Straßburg nach Karlsruhe in _ _ „ „Karlsruhe nach Stuttgart in _ _ 7¼„ „Stuttgart, Ulm (mit Benützung der Eiſenbahn bis Geißlingen) in _ _ 5¾„ „Ulm nach Augsburg-München in _ _ 7 bis 9„ 51¾„ Die Poſt welche Abends 7½ Uhr von Paris abgeht, würde alſo am dritten Abend um 9 bis 10 Uhr in München eintreffen, während ſie jetzt am vierten Abend um dieſe Zeit in der bayeriſchen Hauptſtadt ankömmt. <TEI> <text> <body> <div type="jSupplement" n="1"> <floatingText> <body> <div type="jVarious" n="2"> <div type="jComment" n="3"> <p><pb facs="#f0010" n="522"/><cb/> daß Württemberg von Seite der Bundescommiſſion veranlaßt werde auch<lb/><hi rendition="#g">vor</hi> der Erledigung der Streitfrage (natürlich gegen eine zu regelnde Ent-<lb/> ſchädigung) ſeine Eiſenbahn dem Poſtdienſte zu öffnen. 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Wir durften dieſes um ſo mehr<lb/> hoffen, als Bayern, Württemberg und Baden während der letzten Jahre<lb/> durch die Ausdehnung des norddeutſchen Schienennetzes ihren früher ſo<lb/> bedeutenden franzöſtſch-öſterreichiſchen Perſonen- und Waarentranſit faſt<lb/> gänzlich ſchwinden ſehen, und ebendeßhalb auf den Gedanken kommen<lb/> mußten alle Mittel aufzubieten um wenigſtens einen Theil der an der<lb/> Paris Wiener Route verlornen Verkehrsbewegung wiederzugewinnen.<note place="foot" n="*)">Seitdem die franzöſiſche Nordeiſenbahn mit den belgiſch-nordiſchen Schienen-<lb/> wegen in einen unmittelbaren Anſchluß trat, mindert ſich die Transoport-<lb/> bewegung von Gütern und der Berkehr von Reiſenden auf der Route von<lb/> Paris durch das öſtliche Frankreich, Baden, Württemberg und Bayern nach<lb/> Oeſterreich von Jahr zu Jahr. 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Daß Baden<lb/> bei den großen Vortheilen welche ihm in der nächſten Zeit die Havre-<lb/> Paris-Straßburger Eiſenbahn zu bringen verſpricht, noch immer zögert<lb/> ſeinen Schienenweg mit dem Württembergs zu verbinden, mag mitunter<lb/> in den politiſchen Zuſtänden des Landes liegen, die es nöthigen noch gar<lb/> manch materielles Bedürfniß in den Hintergrund zu ſtellen, bis der bevor-<lb/> ſtehende Landtag die finanziellen Hülfsmittel dazu gefunden haben wird.<lb/> Bayern befindet ſich in dieſer Hinſicht in einer weit günſtigeren Lage, und ſo<lb/> zweifeln wir im Hinblick auf die großartigen Opfer welche dieſes Land fort-<lb/> während den zeitgemäßen Anſprüchen der Verkehrserweiterung widmet,<lb/> durchaus nicht daß es recht bald die längſt projectirte Bahn von Augsburg<lb/> nach Ulm herſtellen laſſen würde. Es findet reichliche Entſchädigung für den<lb/> Bau dieſer Linie durch den Perſonen- und Waarentranſit, welcher ſich zwi-<lb/><cb/> ſchen Frankreich und Oeſterreich bewegt. Je eifriger man die Ausfüllung der<lb/> Lücken in dem Schienennetze zwiſchen Frankreich, Baden, Württemberg und<lb/> Bayern betreiben wird, deſto mehr dürfte es ſich auch Oeſterreich zur Auf-<lb/> gabe machen ſeine Bahnverbindung mit Bayern herzuſtellen. Die groß-<lb/> artige directe Schienenſtraße zwiſchen Paris und Wien, welche über Straß-<lb/> burg, Karlsruhe, Stuttgart, Ulm, Augsburg und München führt, wird<lb/> und muß hergeſtellt werden, denn ſie iſt ein unabweisbares dringendes<lb/> Bedürfniß. Sie wird es möglich machen daß man in vierzig Stunden<lb/> von Paris nach Wien gelangt. Bis indeſſen dieſes Werk vollbracht, muß<lb/> es Aufgabe der füddeutſchen Staaten ſeyn die <hi rendition="#g">möglichen</hi> Verbeſſerungen<lb/> im Poſtenlauf einzuführen, damit ſie nicht den Vorwurf auf ſich laden als<lb/> hätten ſie die Mahnung der Zeit überhört und durch Saumſeligkeit dem<lb/> Norden überliefert was die Natur dem Süden angewieſen. Schließlich<lb/> die einfache Bemerkung. Der Poſtenlauf von Paris nach Wien, der in<lb/> den letzten Jahren über die norddeutſchen Eiſenbahnen durch Belgien und<lb/> Preußen geleitet wurde, nimmt ungefähr 80 bis 85 Stunden Zeit in Anſpruch.<lb/> Die angeführten zu ermöglichenden Poſtbeſchleunigungen in Süddeutſchland<lb/> werden, ſobald die Paris-Straßburger Eiſenbahn bis Nancy reicht — und<lb/> dieſer Zeitpunkt iſt nicht mehr fern — die Paris-Wiener Poſten in den<lb/> Stand ſetzen ihren frühern Weg über Straßburg durch Baden, Würt-<lb/> temberg und Bayern wieder einzuſchlagen.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jComment" n="3"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Die öſterreichiſch-deutſche Zolleinigung.</hi> </hi> </head><lb/> <dateline>∏ <hi rendition="#b">Wien,</hi> 28 Jan.</dateline><lb/> <p>Wenn ich Ihnen über die deutſche Zollfrage<lb/> lange nicht geſchrieben habe, ſo geſchah es nicht weil die Sache, ſoviel da-<lb/> von zu meiner Kenntniß gekommen iſt, mittlerweile geſchlummert hätte,<lb/> ſondern weil ich den Intereſſen wie den Meinungen Zeit zur Auf- und<lb/> Abklärung laſſen wollte. Heute kann ich Ihnen nun in doppelter Rich-<lb/> tung erfreuliches darüber mittheilen. Denn während ſich in der öffent-<lb/> lichen Meinung Oeſterreichs, wie zu erwarten ſtand, ein entſchiedener<lb/> Umſchwung zu Gunſten der raſch und umfichtig fortgehenden Zollreform<lb/> ſowie des Zollanſchluſſes an Deutſchland, zu Gunſten alſo des wahren<lb/> Fortſchritts vorbereitet und bereits kundthut, hat das Miniſterium die<lb/> das Werk ſelbſt anbahnenden Maßregeln eingeleitet, und eben einen höchſt<lb/> bedeutſamen, für die Sache folgereichen Schritt gethan. Es hat nämlich<lb/> eine umfaſſende Denkſchrift des Handelsminiſters, in welcher die ganze<lb/> Zollfrage ausführlich entwickelt, und die öſterreichiſchen Vorſchläge zur<lb/> Anbahnung der Zoll- und Handelseinigung präciſtrt find, an ſämmtliche<lb/> deutſche Regierungen gerichtet, und dabei die ſonſt zur baldigen Verwirk-<lb/> lichung derſelben geeigneten Anträge geſtellt. So viel verläßliches über<lb/> den Inhalt der Denkſchrift verlautet, dünkt uns dieſelbe ebenſo belangreich<lb/> als befriedigend. Sie ſoll namentlich eine Abkürzung der anfänglich be-<lb/> antragten Uebergangsperioden (bis auf eine wohl ganz unvermeidliche<lb/> Zwiſchenperiode zwiſchen der erſten allſeitigen Reform und der völligen<lb/> Zolleinigung), mithin einen weit raſchern Anſchluß in Ausſicht ſtellen als<lb/> man vor kurzem noch für möglich gehalten hatte; ſie ſoll ferner auf ſofor-<lb/> tige Berufung einer allgemeinen deutſchen Zollconferenz behufs der Re-<lb/> gelung der ganzen Zollfrage dringen, und überhaupt die handelspolitiſche<lb/> Richtung und Abficht des öſterreichiſchen Miniſteriums aufs klarſte dar-<lb/> legen.</p><lb/> <p>In dieſem Vorgehen des Miniſteriums zur Löſung der Zollfrage läßt<lb/> ſich am wenigſten Conſequenz verkennen. 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Man<lb/> hätte wünſchen können daß die Tagspreſſe ſich der Sache mit etwas mehr<lb/> Wärme bemächtigt haben möchte als wirklich geſchehen iſt; allein im<lb/> Grundſatze mit den Vorſchlägen einverſtanden, überließ ſie das Specielle<lb/> der Frage den verſchiedenen gewerblichen und commerciellen Organen und<lb/> Körperſchaften, und dieſe haben hier wie drüben das ihrige gethan, die<lb/> Aufklärung iſt im beſten Gang, und ſchon läßt ſich das Endergebniß, mit<lb/> welchem die „Intereſſen“ ſelbſt übereinſtimmen werden, beſtimmt voraus-<lb/> ſehen. Der im Zuge begriffene erfreuliche Umſchwung der Anfichten in<lb/> Oeſterreich wie in Deutſchland verſpricht dem raſchern Fortgang der Sache<lb/> ſehr erſprießlich zu werden, wie bereits aus der öſterreichiſchen Denkſchrift<lb/> deutlich hervorgehen ſoll. Selbſt unter den öſterreichiſchen Induſtriellen<lb/> faßt eine dem Anſchluß günſtige Anſchauung und Ueberzeugung mehr und<lb/> mehr Raum. 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daß Württemberg von Seite der Bundescommiſſion veranlaßt werde auch
vor der Erledigung der Streitfrage (natürlich gegen eine zu regelnde Ent-
ſchädigung) ſeine Eiſenbahn dem Poſtdienſte zu öffnen. In Frankreich
bedurfte es, nachdem die Paris-Straßburger Eiſenbahn auf einer Strecke
von 172 Kilometres (bis Chalons) dem allgemeinen Verkehr übergeben
war, nur der Reclamationen einiger Handelskammern, und der Schienen-
weg mußte trotz der Einſprache der Compagnie, welche eine beträchtliche
Entſchädigung verlangte, der Poſt zur Benützung überlaſſen werden. Der
Dienſt der Mallepoſten nach Metz und Straßburg erlangte dadurch eine
Beſchleunigung von acht bis zehn Stunden. Wir gaben uns zur Zeit als
die erſten Abtheilungen jener Bahn dem allgemeinen Verkehr und dem
Poſtdienſte eröffnet wurden, der Erwartung hin daß auch Süddeutſchland
dieſer ſo weſentlichen Beſchleunigung von Paris aus Rechnung tragen
und einen durchgreifenden Anſchluß an den Paris-Straßburger Curs ſo
raſch als möglich bewerkſtelligen werde. Wir durften dieſes um ſo mehr
hoffen, als Bayern, Württemberg und Baden während der letzten Jahre
durch die Ausdehnung des norddeutſchen Schienennetzes ihren früher ſo
bedeutenden franzöſtſch-öſterreichiſchen Perſonen- und Waarentranſit faſt
gänzlich ſchwinden ſehen, und ebendeßhalb auf den Gedanken kommen
mußten alle Mittel aufzubieten um wenigſtens einen Theil der an der
Paris Wiener Route verlornen Verkehrsbewegung wiederzugewinnen. *)
Bis jetzt iſt indeſſen nichts ernſtliches in dieſer Hinſicht geſchehen, und es
ſcheint daß auch Württemberg ſeinen Proceß mit Taris zum Nachtheil
von ganz Süddeutſchland fortzuführen geſonnen iſt. Würde man ſich
nun der Vermittlung der Bundescommiſſion fügen, ſo könnte durch Be-
nützung der württembergiſchen Eiſenbahn für die Poſt, ſowie durch ein
gehöriges Ineinandergreifen der Curſe zwiſchen Straßburg und München
eine Beſchleunigung der Correſpondenz zwiſchen Frankreich, Baden, Würt-
temberg und Bayern hergeſtellt werden welche für die beiden Endpunkte
Paris und München nicht weniger als 22 bis 24 Stunden betrüge. **)
Wir glauben daß es ſich wohl der Mühe lohnte kräftig Hand ans Werk
zu legen, wo es ſich um eine ſo bedeutende Verbeſſerung handelt. Er-
langen wir dieſelbe, ſo iſt zugleich der erſte Schritt dazu geſchehen den
Paris-Wiener Poſtcurs ſowie den Verkehr zwiſchen der beiden Welt-
ſtädten allmählich wieder in ſein natürliche Geleiſe zurückzubringen. Der
in den nächſten Monaten erfolgende Betrieb der Paris-Straßburger Eiſen-
bahn von Chalons bis Vitry, ſowie die im Junius zu hoffende Eröffnung
der Linie von Geißlingen bis Ulm werden einen neuen Zeitgewinn von
fünf Stunden für die obenbezeichneten Routen gewähren. Daß Baden
bei den großen Vortheilen welche ihm in der nächſten Zeit die Havre-
Paris-Straßburger Eiſenbahn zu bringen verſpricht, noch immer zögert
ſeinen Schienenweg mit dem Württembergs zu verbinden, mag mitunter
in den politiſchen Zuſtänden des Landes liegen, die es nöthigen noch gar
manch materielles Bedürfniß in den Hintergrund zu ſtellen, bis der bevor-
ſtehende Landtag die finanziellen Hülfsmittel dazu gefunden haben wird.
Bayern befindet ſich in dieſer Hinſicht in einer weit günſtigeren Lage, und ſo
zweifeln wir im Hinblick auf die großartigen Opfer welche dieſes Land fort-
während den zeitgemäßen Anſprüchen der Verkehrserweiterung widmet,
durchaus nicht daß es recht bald die längſt projectirte Bahn von Augsburg
nach Ulm herſtellen laſſen würde. Es findet reichliche Entſchädigung für den
Bau dieſer Linie durch den Perſonen- und Waarentranſit, welcher ſich zwi-
ſchen Frankreich und Oeſterreich bewegt. Je eifriger man die Ausfüllung der
Lücken in dem Schienennetze zwiſchen Frankreich, Baden, Württemberg und
Bayern betreiben wird, deſto mehr dürfte es ſich auch Oeſterreich zur Auf-
gabe machen ſeine Bahnverbindung mit Bayern herzuſtellen. Die groß-
artige directe Schienenſtraße zwiſchen Paris und Wien, welche über Straß-
burg, Karlsruhe, Stuttgart, Ulm, Augsburg und München führt, wird
und muß hergeſtellt werden, denn ſie iſt ein unabweisbares dringendes
Bedürfniß. Sie wird es möglich machen daß man in vierzig Stunden
von Paris nach Wien gelangt. Bis indeſſen dieſes Werk vollbracht, muß
es Aufgabe der füddeutſchen Staaten ſeyn die möglichen Verbeſſerungen
im Poſtenlauf einzuführen, damit ſie nicht den Vorwurf auf ſich laden als
hätten ſie die Mahnung der Zeit überhört und durch Saumſeligkeit dem
Norden überliefert was die Natur dem Süden angewieſen. Schließlich
die einfache Bemerkung. Der Poſtenlauf von Paris nach Wien, der in
den letzten Jahren über die norddeutſchen Eiſenbahnen durch Belgien und
Preußen geleitet wurde, nimmt ungefähr 80 bis 85 Stunden Zeit in Anſpruch.
Die angeführten zu ermöglichenden Poſtbeſchleunigungen in Süddeutſchland
werden, ſobald die Paris-Straßburger Eiſenbahn bis Nancy reicht — und
dieſer Zeitpunkt iſt nicht mehr fern — die Paris-Wiener Poſten in den
Stand ſetzen ihren frühern Weg über Straßburg durch Baden, Würt-
temberg und Bayern wieder einzuſchlagen.
Die öſterreichiſch-deutſche Zolleinigung.
∏ Wien, 28 Jan.
Wenn ich Ihnen über die deutſche Zollfrage
lange nicht geſchrieben habe, ſo geſchah es nicht weil die Sache, ſoviel da-
von zu meiner Kenntniß gekommen iſt, mittlerweile geſchlummert hätte,
ſondern weil ich den Intereſſen wie den Meinungen Zeit zur Auf- und
Abklärung laſſen wollte. Heute kann ich Ihnen nun in doppelter Rich-
tung erfreuliches darüber mittheilen. Denn während ſich in der öffent-
lichen Meinung Oeſterreichs, wie zu erwarten ſtand, ein entſchiedener
Umſchwung zu Gunſten der raſch und umfichtig fortgehenden Zollreform
ſowie des Zollanſchluſſes an Deutſchland, zu Gunſten alſo des wahren
Fortſchritts vorbereitet und bereits kundthut, hat das Miniſterium die
das Werk ſelbſt anbahnenden Maßregeln eingeleitet, und eben einen höchſt
bedeutſamen, für die Sache folgereichen Schritt gethan. Es hat nämlich
eine umfaſſende Denkſchrift des Handelsminiſters, in welcher die ganze
Zollfrage ausführlich entwickelt, und die öſterreichiſchen Vorſchläge zur
Anbahnung der Zoll- und Handelseinigung präciſtrt find, an ſämmtliche
deutſche Regierungen gerichtet, und dabei die ſonſt zur baldigen Verwirk-
lichung derſelben geeigneten Anträge geſtellt. So viel verläßliches über
den Inhalt der Denkſchrift verlautet, dünkt uns dieſelbe ebenſo belangreich
als befriedigend. Sie ſoll namentlich eine Abkürzung der anfänglich be-
antragten Uebergangsperioden (bis auf eine wohl ganz unvermeidliche
Zwiſchenperiode zwiſchen der erſten allſeitigen Reform und der völligen
Zolleinigung), mithin einen weit raſchern Anſchluß in Ausſicht ſtellen als
man vor kurzem noch für möglich gehalten hatte; ſie ſoll ferner auf ſofor-
tige Berufung einer allgemeinen deutſchen Zollconferenz behufs der Re-
gelung der ganzen Zollfrage dringen, und überhaupt die handelspolitiſche
Richtung und Abficht des öſterreichiſchen Miniſteriums aufs klarſte dar-
legen.
In dieſem Vorgehen des Miniſteriums zur Löſung der Zollfrage läßt
ſich am wenigſten Conſequenz verkennen. Nachdem die öſterreichiſche Re-
gierung durch die innere Befriedung des Landes in der Lage war an die
Regelung der Beziehungen Oeſterreichs zu und in Deutſchland mit Nach-
druck zu denken, faßte ſie vor allen den Gedanken der Zolleinigung auf,
als die neue Baſts der deutſchen Politik, und gründete darauf, wie mir
ſcheint mit überlegenem Blick, die Hoffnung einer zweckmäßigen dauern-
den Geſtaltung der deutſchen Verhältniſſe. Selbſtredend mußte das Mi-
niſterium damit anfangen ſeine vorläufige Anſicht über dieſe Frage gleich-
ſam als Programm zu veröffentlichen, und die Unterſtützung der öffent-
lichen Meinung für die wichtige Angelegenheit herauszufordern. Man
hätte wünſchen können daß die Tagspreſſe ſich der Sache mit etwas mehr
Wärme bemächtigt haben möchte als wirklich geſchehen iſt; allein im
Grundſatze mit den Vorſchlägen einverſtanden, überließ ſie das Specielle
der Frage den verſchiedenen gewerblichen und commerciellen Organen und
Körperſchaften, und dieſe haben hier wie drüben das ihrige gethan, die
Aufklärung iſt im beſten Gang, und ſchon läßt ſich das Endergebniß, mit
welchem die „Intereſſen“ ſelbſt übereinſtimmen werden, beſtimmt voraus-
ſehen. Der im Zuge begriffene erfreuliche Umſchwung der Anfichten in
Oeſterreich wie in Deutſchland verſpricht dem raſchern Fortgang der Sache
ſehr erſprießlich zu werden, wie bereits aus der öſterreichiſchen Denkſchrift
deutlich hervorgehen ſoll. Selbſt unter den öſterreichiſchen Induſtriellen
faßt eine dem Anſchluß günſtige Anſchauung und Ueberzeugung mehr und
mehr Raum. Das Gefühl macht ſich unwiderſtehlich geltend daß das ge-
*) Seitdem die franzöſiſche Nordeiſenbahn mit den belgiſch-nordiſchen Schienen-
wegen in einen unmittelbaren Anſchluß trat, mindert ſich die Transoport-
bewegung von Gütern und der Berkehr von Reiſenden auf der Route von
Paris durch das öſtliche Frankreich, Baden, Württemberg und Bayern nach
Oeſterreich von Jahr zu Jahr. Wir wollen nur ein Beiſpiel anführen,
das zur Genüge beweist wie ſehr die füddeutſchen Staaten durch die nord-
deutſchen Eiſenbahnen verloren. Während vor der Eröffnung der oben-
bezeichneten Eiſenſtraßen durchſchnittlich jedes Jahr 5 bis 600 Grtra-
poſten durch Straßburg kamen, welche ſich von Paris durch Baden,
Württemberg und Bayern oder von Wien durch jene Länder über Straßburg
nach Paris begaben, beträgt die Zahl derſelben jetzt kaum noch den zwanzigſten
Theil. Dieſe Equipagen- und Perſonentransporte find ein Hauptelement
der Einnahmen auf den nordiſchen Bahnen geworden. Und die Millionen
Werthes betragenden Ausſuhren von franzöſtſchen Luruswaaren, welche
ehemals der füddeutſchen Spedition zu gute kamen, wandern ebenfalls auf
der entgegengeſetzten Straße nach Oeſterreich!
**) Die Mallepoſt wird mit dem Eintritt der beſſeren Jahreszeit ihren Weg
zurücklegen: von Paris nach Straßburg in . 24 bis 26 Stunden.
Rechnen wir nun dazu:
von Straßburg nach Karlsruhe in _ _ [FORMEL]„
„Karlsruhe nach Stuttgart in _ _ 7¼„
„Stuttgart, Ulm (mit Benützung der Eiſenbahn
bis Geißlingen) in _ _ 5¾„
„Ulm nach Augsburg-München in _ _ 7 bis 9„
51¾„
Die Poſt welche Abends 7½ Uhr von Paris abgeht, würde alſo am dritten
Abend um 9 bis 10 Uhr in München eintreffen, während ſie jetzt am
vierten Abend um dieſe Zeit in der bayeriſchen Hauptſtadt ankömmt.
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(2021-08-16T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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