Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite


VII.
Gott hat Geduld mit unsrer Schwachheit.


Gott hat Geduld mit unsrer Schwachheit:
diese Wahrheit, deren Ueberzeugung, für ein
von seinen Vergehungen und Fehlern gebeugtes
Herz, so trostreich ist, und deren Gewißheit
uns das Wort unsers Gottes bestättigt; soll uns
im geringsten nicht, von der zärtlichen Sorgfalt,
über jede Gesinnung unsers Herzens, und je-
de Handlung unsers Lebens, abwendig machen,
oder uns in dem eifrigen Bestreben nach täglich
größrer Reinigkeit, Unschuld und Tugend ermü-
den; sie soll uns auch die geringste Sünde, die
kleinste Uebereilung und Schwachheit, nicht als
unbemerkt in den Augen Gottes, als unwichtig
für unsre höchste zeitliche und ewige Glückseligkeit
darstellen; sie soll die warnende Stimme unsers
Gewißens in uns nicht ersticken; und die edlen,
heilsamen, wehmüthigen Thränen der zärtlichen
Reue, über das Bewustseyn eines begangnen
Fehlers, nie ganz von unsern Augen abtrocknen.
Das wäre der Absicht dieser liebreichen Versiche-
rung unsers Gottes ganz zuwider. Denn was
ist doch wohl der erste Gedanke, den diese Wahr-

heit:


VII.
Gott hat Geduld mit unſrer Schwachheit.


Gott hat Geduld mit unſrer Schwachheit:
dieſe Wahrheit, deren Ueberzeugung, für ein
von ſeinen Vergehungen und Fehlern gebeugtes
Herz, ſo troſtreich iſt, und deren Gewißheit
uns das Wort unſers Gottes beſtättigt; ſoll uns
im geringſten nicht, von der zärtlichen Sorgfalt,
über jede Geſinnung unſers Herzens, und je-
de Handlung unſers Lebens, abwendig machen,
oder uns in dem eifrigen Beſtreben nach täglich
größrer Reinigkeit, Unſchuld und Tugend ermü-
den; ſie ſoll uns auch die geringſte Sünde, die
kleinſte Uebereilung und Schwachheit, nicht als
unbemerkt in den Augen Gottes, als unwichtig
für unſre höchſte zeitliche und ewige Glückſeligkeit
darſtellen; ſie ſoll die warnende Stimme unſers
Gewißens in uns nicht erſticken; und die edlen,
heilſamen, wehmüthigen Thränen der zärtlichen
Reue, über das Bewuſtſeyn eines begangnen
Fehlers, nie ganz von unſern Augen abtrocknen.
Das wäre der Abſicht dieſer liebreichen Verſiche-
rung unſers Gottes ganz zuwider. Denn was
iſt doch wohl der erſte Gedanke, den dieſe Wahr-

heit:
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0143" n="91"/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#aq">VII.</hi><lb/> <hi rendition="#g">Gott hat Geduld mit un&#x017F;rer Schwachheit.</hi> </head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p><hi rendition="#fr"><hi rendition="#in">G</hi>ott hat Geduld mit un&#x017F;rer Schwachheit:</hi><lb/>
die&#x017F;e Wahrheit, deren Ueberzeugung, für ein<lb/>
von &#x017F;einen Vergehungen und Fehlern gebeugtes<lb/>
Herz, &#x017F;o tro&#x017F;treich i&#x017F;t, und deren Gewißheit<lb/>
uns das Wort un&#x017F;ers Gottes be&#x017F;tättigt; &#x017F;oll uns<lb/>
im gering&#x017F;ten nicht, von der zärtlichen Sorgfalt,<lb/>
über jede Ge&#x017F;innung un&#x017F;ers Herzens, und je-<lb/>
de Handlung un&#x017F;ers Lebens, abwendig machen,<lb/>
oder uns in dem eifrigen Be&#x017F;treben nach täglich<lb/>
größrer Reinigkeit, Un&#x017F;chuld und Tugend ermü-<lb/>
den; &#x017F;ie &#x017F;oll uns auch die gering&#x017F;te Sünde, die<lb/>
klein&#x017F;te Uebereilung und Schwachheit, nicht als<lb/>
unbemerkt in den Augen Gottes, als unwichtig<lb/>
für un&#x017F;re höch&#x017F;te zeitliche und ewige Glück&#x017F;eligkeit<lb/>
dar&#x017F;tellen; &#x017F;ie &#x017F;oll die warnende Stimme un&#x017F;ers<lb/>
Gewißens in uns nicht er&#x017F;ticken; und die edlen,<lb/>
heil&#x017F;amen, wehmüthigen Thränen der zärtlichen<lb/>
Reue, über das Bewu&#x017F;t&#x017F;eyn eines begangnen<lb/>
Fehlers, nie ganz von un&#x017F;ern Augen abtrocknen.<lb/>
Das wäre der Ab&#x017F;icht die&#x017F;er liebreichen Ver&#x017F;iche-<lb/>
rung un&#x017F;ers Gottes ganz zuwider. Denn was<lb/>
i&#x017F;t doch wohl der er&#x017F;te Gedanke, den die&#x017F;e Wahr-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">heit:</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[91/0143] VII. Gott hat Geduld mit unſrer Schwachheit. Gott hat Geduld mit unſrer Schwachheit: dieſe Wahrheit, deren Ueberzeugung, für ein von ſeinen Vergehungen und Fehlern gebeugtes Herz, ſo troſtreich iſt, und deren Gewißheit uns das Wort unſers Gottes beſtättigt; ſoll uns im geringſten nicht, von der zärtlichen Sorgfalt, über jede Geſinnung unſers Herzens, und je- de Handlung unſers Lebens, abwendig machen, oder uns in dem eifrigen Beſtreben nach täglich größrer Reinigkeit, Unſchuld und Tugend ermü- den; ſie ſoll uns auch die geringſte Sünde, die kleinſte Uebereilung und Schwachheit, nicht als unbemerkt in den Augen Gottes, als unwichtig für unſre höchſte zeitliche und ewige Glückſeligkeit darſtellen; ſie ſoll die warnende Stimme unſers Gewißens in uns nicht erſticken; und die edlen, heilſamen, wehmüthigen Thränen der zärtlichen Reue, über das Bewuſtſeyn eines begangnen Fehlers, nie ganz von unſern Augen abtrocknen. Das wäre der Abſicht dieſer liebreichen Verſiche- rung unſers Gottes ganz zuwider. Denn was iſt doch wohl der erſte Gedanke, den dieſe Wahr- heit:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/143
Zitationshilfe: Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/143>, abgerufen am 16.06.2024.