Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.&q;lebendig in seiner schwarzen Gestalt, wird von &q;mir nicht bemerkt, und fortgenährt. -- &q;Durch Jesum Christum von Gott so unend- &q;lich geliebet, soll ich ihn über alles wieder &q;lieben: ach! das kränkt meine Seele, daß ich &q;noch nicht so ganz mit allen Kräften an ihm &q;hange; daß er mir noch nicht alles ist; daß &q;manche Freude der Erde unvermerkt mich sein &q;vergeßen läßt; manches Leiden mich tiefer be- &q;trübt, als seine Liebe mich tröstet; manches &q;meiner Geschäfte ohne genugsamer Erinnerung &q;an ihn vollbracht wird! Durch seinen guten &q;Geist fühl ich mich oft recht innig gerührt: &q;ach! daß doch diese Rührung so schnell in mir &q;erkaltet! daß mich nicht ein beständiger &q;Antrieb zu guten mühsamen Thaten, durch &q;mein ganzes Leben begleitet! -- Mein Vater- &q;land ist im Himmel, von dannen ich die Wieder- &q;kunft meines Herrn, der vor mir dahin gegan- &q;gen ist, erwarte, um durch ihn geleitet zu seinen &q;Freuden hinaufzugehn: o! daß doch mein Herz &q;noch nicht ganz rein, mein Wandel nicht schon &q;ganz heilig, jenen Himmelsbürgern ähnlich ist! Das sind Klagen redlicher Tugendfreunde, Durch
&q;lebendig in ſeiner ſchwarzen Geſtalt, wird von &q;mir nicht bemerkt, und fortgenährt. — &q;Durch Jeſum Chriſtum von Gott ſo unend- &q;lich geliebet, ſoll ich ihn über alles wieder &q;lieben: ach! das kränkt meine Seele, daß ich &q;noch nicht ſo ganz mit allen Kräften an ihm &q;hange; daß er mir noch nicht alles iſt; daß &q;manche Freude der Erde unvermerkt mich ſein &q;vergeßen läßt; manches Leiden mich tiefer be- &q;trübt, als ſeine Liebe mich tröſtet; manches &q;meiner Geſchäfte ohne genugſamer Erinnerung &q;an ihn vollbracht wird! Durch ſeinen guten &q;Geiſt fühl ich mich oft recht innig gerührt: &q;ach! daß doch dieſe Rührung ſo ſchnell in mir &q;erkaltet! daß mich nicht ein beſtändiger &q;Antrieb zu guten mühſamen Thaten, durch &q;mein ganzes Leben begleitet! — Mein Vater- &q;land iſt im Himmel, von dannen ich die Wieder- &q;kunft meines Herrn, der vor mir dahin gegan- &q;gen iſt, erwarte, um durch ihn geleitet zu ſeinen &q;Freuden hinaufzugehn: o! daß doch mein Herz &q;noch nicht ganz rein, mein Wandel nicht ſchon &q;ganz heilig, jenen Himmelsbürgern ähnlich iſt! Das ſind Klagen redlicher Tugendfreunde, Durch
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&q;lebendig in ſeiner ſchwarzen Geſtalt, wird von
&q;mir nicht bemerkt, und fortgenährt. —
&q;Durch Jeſum Chriſtum von Gott ſo unend-
&q;lich geliebet, ſoll ich ihn über alles wieder
&q;lieben: ach! das kränkt meine Seele, daß ich
&q;noch nicht ſo ganz mit allen Kräften an ihm
&q;hange; daß er mir noch nicht alles iſt; daß
&q;manche Freude der Erde unvermerkt mich ſein
&q;vergeßen läßt; manches Leiden mich tiefer be-
&q;trübt, als ſeine Liebe mich tröſtet; manches
&q;meiner Geſchäfte ohne genugſamer Erinnerung
&q;an ihn vollbracht wird! Durch ſeinen guten
&q;Geiſt fühl ich mich oft recht innig gerührt:
&q;ach! daß doch dieſe Rührung ſo ſchnell in mir
&q;erkaltet! daß mich nicht ein beſtändiger
&q;Antrieb zu guten mühſamen Thaten, durch
&q;mein ganzes Leben begleitet! — Mein Vater-
&q;land iſt im Himmel, von dannen ich die Wieder-
&q;kunft meines Herrn, der vor mir dahin gegan-
&q;gen iſt, erwarte, um durch ihn geleitet zu ſeinen
&q;Freuden hinaufzugehn: o! daß doch mein Herz
&q;noch nicht ganz rein, mein Wandel nicht ſchon
&q;ganz heilig, jenen Himmelsbürgern ähnlich iſt!
Das ſind Klagen redlicher Tugendfreunde,
die aus dem zärtlichſten Gewißen entſpringen.
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Zitationshilfe: | Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/148>, abgerufen am 16.06.2024. |