Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.V. Prüfung der vorgeschichtlich-anthropologischen Gegeninstanzen. westlichen Ghats in Vorderindien erwies sich als bloßer Humbug.Die von Stanley auf seiner großen Congo-Reise erbeuteten Schädel von "Sokos", d. h. von centralafrikanischen Waldmenschen, erkannte Huxley nicht etwa als Affenmensch-Schädel, sondern als regelrechte Negerschädel, deren Träger s. Zeit den kanibalischen Gelüsten ihrer siegreichen Nachbarn als Opfer gefallen waren. Häckels oben er- wähnte Schilderung gewisser heerdenweise beisammenlebender und affenartig auf Bäumen hausender Wilden ohne Kenntniß und Ge- brauch des Feuers etc. ermangelte des bestätigenden Zeugnisses irgendwelcher Reisenden und behauptete obendrein anatomisch und physiologisch unmögliche Dinge, weßhalb der phantasievolle Schrift- steller sie nachgerade sehr zu modificiren gezwungen wurde. Ein Kletterleben auf Bäumen vermag der Mensch weder isolirt noch in Heerden zu führen; und mangelnde Kenntniß der Feuerbereitung oder der damit zusammenhängenden Fertigkeiten, Geräthschaften, Waffen etc. ist noch bei keinen, auch nicht den verwildertsten Stäm- men beobachtet worden. -- Ganz ins Bereich der Sage gehören die hie und da von neueren Reisenden, z. B. vom Amerikaner Winwood Reade, bezeugten Schwanzmenschen. Soweit nicht, wie mehrfach unter den Stämmen Centralafrikas, eine bloße, durch Absonderlichkeiten der Tracht (Verzierung der betr. Körpertheile mit Thierschwänzen etc.) bewirkte optische Täuschung den betr. Gerüchten zu Grunde liegt, handelt es sich hier lediglich um eine pathologische Mißbildung, bestehend in gewissen schwanzähnlichen Geschwülsten bei einzelnen Jndividuen. Einen wirklichen Schwanz nach Wirbelthierart erklären die Untersuchungen des in dieser Frage sowohl als Jndien- Reisender wie als pathologisch-anatomischer Forscher competenten Mohnike für "durchaus unvereinbar mit dem für aufrechten Gang bestimmten und demgemäß eingerichteten Baue des menschlichen Körpers". -- Aehnlich verhält es sich mit den am ganzen Körper behaarten, den Haarmenschen, einer auch inmitten civilisirter Völker gelegentlich vorkommenden Abnormität, welche man aus der "Persistenz und Weiterentwicklung" des Haarkleides, das der Fötus V. Prüfung der vorgeſchichtlich-anthropologiſchen Gegeninſtanzen. weſtlichen Ghats in Vorderindien erwies ſich als bloßer Humbug.Die von Stanley auf ſeiner großen Congo-Reiſe erbeuteten Schädel von „Sokos‟, d. h. von centralafrikaniſchen Waldmenſchen, erkannte Huxley nicht etwa als Affenmenſch-Schädel, ſondern als regelrechte Negerſchädel, deren Träger ſ. Zeit den kanibaliſchen Gelüſten ihrer ſiegreichen Nachbarn als Opfer gefallen waren. Häckels oben er- wähnte Schilderung gewiſſer heerdenweiſe beiſammenlebender und affenartig auf Bäumen hauſender Wilden ohne Kenntniß und Ge- brauch des Feuers ꝛc. ermangelte des beſtätigenden Zeugniſſes irgendwelcher Reiſenden und behauptete obendrein anatomiſch und phyſiologiſch unmögliche Dinge, weßhalb der phantaſievolle Schrift- ſteller ſie nachgerade ſehr zu modificiren gezwungen wurde. Ein Kletterleben auf Bäumen vermag der Menſch weder iſolirt noch in Heerden zu führen; und mangelnde Kenntniß der Feuerbereitung oder der damit zuſammenhängenden Fertigkeiten, Geräthſchaften, Waffen ꝛc. iſt noch bei keinen, auch nicht den verwildertſten Stäm- men beobachtet worden. — Ganz ins Bereich der Sage gehören die hie und da von neueren Reiſenden, z. B. vom Amerikaner Winwood Reade, bezeugten Schwanzmenſchen. Soweit nicht, wie mehrfach unter den Stämmen Centralafrikas, eine bloße, durch Abſonderlichkeiten der Tracht (Verzierung der betr. Körpertheile mit Thierſchwänzen ꝛc.) bewirkte optiſche Täuſchung den betr. Gerüchten zu Grunde liegt, handelt es ſich hier lediglich um eine pathologiſche Mißbildung, beſtehend in gewiſſen ſchwanzähnlichen Geſchwülſten bei einzelnen Jndividuen. Einen wirklichen Schwanz nach Wirbelthierart erklären die Unterſuchungen des in dieſer Frage ſowohl als Jndien- Reiſender wie als pathologiſch-anatomiſcher Forſcher competenten Mohnike für „durchaus unvereinbar mit dem für aufrechten Gang beſtimmten und demgemäß eingerichteten Baue des menſchlichen Körpers‟. — Aehnlich verhält es ſich mit den am ganzen Körper behaarten, den Haarmenſchen, einer auch inmitten civiliſirter Völker gelegentlich vorkommenden Abnormität, welche man aus der „Perſiſtenz und Weiterentwicklung‟ des Haarkleides, das der Fötus <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0184" n="174"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">V.</hi> Prüfung der vorgeſchichtlich-anthropologiſchen Gegeninſtanzen.</fw><lb/> weſtlichen Ghats in Vorderindien erwies ſich als bloßer Humbug.<lb/> Die von Stanley auf ſeiner großen Congo-Reiſe erbeuteten Schädel<lb/> von „Sokos‟, d. h. von centralafrikaniſchen Waldmenſchen, erkannte<lb/> Huxley nicht etwa als Affenmenſch-Schädel, ſondern als regelrechte<lb/> Negerſchädel, deren Träger ſ. 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V. Prüfung der vorgeſchichtlich-anthropologiſchen Gegeninſtanzen.
weſtlichen Ghats in Vorderindien erwies ſich als bloßer Humbug.
Die von Stanley auf ſeiner großen Congo-Reiſe erbeuteten Schädel
von „Sokos‟, d. h. von centralafrikaniſchen Waldmenſchen, erkannte
Huxley nicht etwa als Affenmenſch-Schädel, ſondern als regelrechte
Negerſchädel, deren Träger ſ. Zeit den kanibaliſchen Gelüſten ihrer
ſiegreichen Nachbarn als Opfer gefallen waren. Häckels oben er-
wähnte Schilderung gewiſſer heerdenweiſe beiſammenlebender und
affenartig auf Bäumen hauſender Wilden ohne Kenntniß und Ge-
brauch des Feuers ꝛc. ermangelte des beſtätigenden Zeugniſſes
irgendwelcher Reiſenden und behauptete obendrein anatomiſch und
phyſiologiſch unmögliche Dinge, weßhalb der phantaſievolle Schrift-
ſteller ſie nachgerade ſehr zu modificiren gezwungen wurde. Ein
Kletterleben auf Bäumen vermag der Menſch weder iſolirt noch in
Heerden zu führen; und mangelnde Kenntniß der Feuerbereitung
oder der damit zuſammenhängenden Fertigkeiten, Geräthſchaften,
Waffen ꝛc. iſt noch bei keinen, auch nicht den verwildertſten Stäm-
men beobachtet worden. — Ganz ins Bereich der Sage gehören
die hie und da von neueren Reiſenden, z. B. vom Amerikaner
Winwood Reade, bezeugten Schwanzmenſchen. Soweit nicht,
wie mehrfach unter den Stämmen Centralafrikas, eine bloße, durch
Abſonderlichkeiten der Tracht (Verzierung der betr. Körpertheile mit
Thierſchwänzen ꝛc.) bewirkte optiſche Täuſchung den betr. Gerüchten
zu Grunde liegt, handelt es ſich hier lediglich um eine pathologiſche
Mißbildung, beſtehend in gewiſſen ſchwanzähnlichen Geſchwülſten bei
einzelnen Jndividuen. Einen wirklichen Schwanz nach Wirbelthierart
erklären die Unterſuchungen des in dieſer Frage ſowohl als Jndien-
Reiſender wie als pathologiſch-anatomiſcher Forſcher competenten
Mohnike für „durchaus unvereinbar mit dem für aufrechten Gang
beſtimmten und demgemäß eingerichteten Baue des menſchlichen
Körpers‟. — Aehnlich verhält es ſich mit den am ganzen Körper
behaarten, den Haarmenſchen, einer auch inmitten civiliſirter
Völker gelegentlich vorkommenden Abnormität, welche man aus der
„Perſiſtenz und Weiterentwicklung‟ des Haarkleides, das der Fötus
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